Blackout

Eine unglaublich Solidarität zeigte sich unter den Müggelheimer Nachbarn, als am 19.02. der Strom durch die Arbeiten an der Salvador-Allende-Brücke gekappt wurde. Zu Beginn war man noch völlig hoffnungsvoll. Einige checkten ihre eigenen Sicherungskästen oder warteten einfach ab. Als aber nach und nach die Tragweite erfasst wurde, denn auch die Straßenbahnen fuhren nicht mehr, Geschäfte blieben dunkel, und auch das Handynetz war tot, merkten die Ersten, dass es doch ein größeres Problem sein musste.

Gewerbetreibende fingen an, ihre Läden zu schließen und Mitarbeiter nach Hause zu schicken, denn die Behebung der Störung wurde auf 15 Uhr erwartet. Per Zuruf kamen dann immer neue Meldungen. Wer sich informieren wollte fuhr nach Gosen oder setzte sich zu McDonalds zum Surfen im Internet. Andere nutzten die Zeit zum Einkaufen. Böses dachte bisher noch niemand. Dann kam die erste Meldung: Behebung der Störung 3 Uhr nachts. Und jetzt setzte bei den Ersten Panik ein. Was macht man am Abend ohne Netflix, war dabei zwar der populärste aber nicht erschreckendste Gedanke. Denn wie kocht man ohne Strom? Wie kühlt man ohne Strom? Wie heizt man ohne Strom? Wer konnte, machte sich eine kalte Mahlzeit oder fuhr in die „Zivilisation“ ins Restaurant. Weitsichtige resignierten und verschenkten ihr Eis an Nachbarn, das sich begann in den auftauenden Gefriertruhen unwohl zu fühlen. Überhaupt begannen sich unter den Nachbarn gut gelaunte Zaungespräche zu entwickeln, die meisten nahmen es mit Humor.

Vom Rathaus kam leider keine Information. Ohne Internet kann man auch auf der Seite des Bezirksamtes nicht die Pressemitteilungen lesen. Aber generell wäre es schön gewesen, wenn eine alternative Form der Informationsverbreitung gefunden worden wäre. Nicht jeder hat den Luxus mal eben in die Stadt zu fahren und die Newsticker zu checken. Gerade Ältere und Eingeschränkte Menschen können unter solchen Situationen leiden. Und man stelle sich den Rollstuhlfahrer iin seiner Wohnung im 18. Stock eines Hochhauses im Allende-Viertel vor, ohne Licht, ohne Telefon und ohne Fahrstuhl. Oder die Mutter eines Neugebohrenen, die versucht nachts eine Flasche warm zu machen. Die Situation war für die meisten Köpenicker mit Sicherheit locker zu bewältigen, aber nicht zu vergessen sind diejenigen, die unsere Hilfe benötigen. Hier zeigten sich die Solidaritäten, wenn einmal mehr gefragt wurde: „Was brauchst Du?“, Kann ich Dir was mitbringen?“, „Soll ich jemanden benachrichtigen?“. Wir kennen uns im Ort. Die Anonymität der Großstadt ist bei uns noch nicht so verbreitet. Und das zeigte sich in dieser Situation.

Leider folgte am Morgen nach dem Blackout die Ernüchterung, dass es sich wohl noch hinziehen würde mit der Reparatur. Viele Kitas und Schulen blieben geschlossen. Bis nach 20 Uhr dauerte es, dass die ersten Gegenden in Köpenick wieder mit Strom versorgt werden konnten. Das Deutsche Rote Kreuz verteilte Tee und Suppe, auch im Archenhold-Gymnasium wurden warme Getränke gereicht. Aber ein Ende war in Sicht.

Wir haben gemerkt, wie verwundbar wir sind. Wir Köpenicker leben in einem Gebiet, für das es wissentlich keine Backup-Lösung gibt, wie in weiten Teilen Berlins. Im Blockbuster „Stirb langsam 4.0“ war von einem Fire-Sale die Rede. Einen Vorgeschmack darauf haben wir in Köpenick erfahren dürfen. Keine Transportwege, kein Strom, keine Kommunikation. Diese beängstigende Situation hat einen faden Beigeschmack hinterlassen und wird sich hoffentlich nicht wiederholen. Jetzt geht es an die Schadensbemessung. Und durch diesen Vorfall dürfte sich möglicherweise auch die Instandsetzung der Salvador-Allende-Brücke weiter verzögern.

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